Dem Diabetes einen Schritt voraus. Interview mit Professor Schwarz

Peter Schwarz ist Professor für Prävention und Versorgung des Diabetes und arbeitet am Universitätsklinikum Dresden. Er ist ein international gefragter Redner. Nach seinem Vortrag auf dem 3. Gesundheitssymposium hat er uns ein Interview gegeben.

Prof. Dr. Peter Schwarz, Diabetes-Arzt
Prof. Dr. Peter Schwarz, Diabetes-Arzt und Wissenschaftler

Herr Professor Schwarz, die vielen Gäste haben Ihnen sehr aufmerksam zugehört. Ihre Botschaft als Wissenschaftler ist überraschend einfach. 10.000 Schritte am Tag! Ist es wirklich so leicht, dem Diabetes zu entkommen? 

Ja und Nein. Unser Stoffwechsel ist komplex. Der Zusammenhang von gesunder Ernährung und Bewegung ist vielen längst bewusst, aber es fällt schwer Lebensgewohnheiten zu verändern. Wenn Sie bei der Ernährung ansetzen wollen, wird es schnell zu kompliziert. Wir müssen uns sehr viel merken, vieles im Alltag umstellen, sehr bewusst einkaufen und nebenbei ist es meist teurer. Da verlieren wir schnell die Lust. Bewegen kann sich dagegen jeder, in jedem Alter. Mit einem Schrittzähler, wie ich ihn benutze, ist es ganz einfach, die eigene Aktivität zu messen. Es ist motivierend und vor allem für Männer ist es gut, wenn sie ein Ziel haben, also 10.000 Schritte am Tag. Wer das ab seinem 25. Lebensjahr macht, verhindert damit nahezu jede chronische Krankheit.

Das heißt also, man muss sich nur mehr bewegen, um den Diabetes zu besiegen? Können Sie den Zusammenhang erklären?

Hier muss ich Ihnen zunächst ein wenig widersprechen. Niemand muss sich bewegen. Das entscheidet jeder selbst. Jeder hat die Freiheit auf der Couch zu liegen und es sich bequem zu machen. Wir sind aber dafür gebaut uns zu bewegen, das sollte man wissen. Durch die Evolution sind wir so geprägt, dass wir Viszeralfett, die tiefer liegenden Fettschichten im Bauch als Energiespeicher anlegen. Wenn wir diesen Speicher nicht verbrauchen, entstehen Krankheiten. Wir können heute nachweisen, dass neben Diabetes auch Bluthochdruck, Demenz, Depressionen und Zeugungsunfähigkeit mit dem Viszeralfett zusammen hängen. Es wirkt wie eine riesige Drüse, die ständig Hormone ausschüttet und Stoffwechselkrankheiten hervorbringt. Schon 1.000 Schritte zusätzlich senken den Blutzucker mehr als die häufigste Diabetespille.

Reicht einfaches Gehen wirklich aus? Ich muss also gar nicht schwitzen? 

Ja. Vielen Menschen ist Sport erst einmal zu anstrengend. Es ist unangenehm zu schwitzen oder außer Atem zu kommen. Um dem Diabetes davon zu laufen reicht es tatsächlich, 10.000 Schritte zu gehen. Sie können auch Radfahren oder Schwimmen aber man kann die Bewegung nicht so gut messen wie beim Gehen.

Sie haben Ihren Schrittzähler immer dabei. Es ist jetzt 18:30 Uhr, würden Sie uns drauf schauen lassen? 

Natürlich. Es sind jetzt … 10.230 Schritte. Ich kann ganz beruhigt nach Hause fahren. Vor der Veranstaltung waren es knapp unter 10.000. Ich bin also während meines Vortrages ungefähr 300 Schritte hin und her gelaufen.

Wie schaffen Sie das im stressigen Alltag eines Arztes und Wissenschaftlers? 

Ich gehe einfach gern mal einen Umweg und benutze die Treppe anstelle des Fahrstuhls oder der Rolltreppe.

Tipps:

  • Beginnen Sie Ihre Woche mit ein paar tausend Schritten in der Gruppe! Montags 9.00 Uhr trifft sich unsere Nordic-Walking-Gruppe an der Feuerwache Hoyerswerda (Lieselotte-Herrmann-Straße, Nähe Hans Sachs GmbH).
  • Internetportal Schrittzahl.de, auf dem auch Professor Schwarz sein Tagespensum einträgt.
  • Eindrücke vom 3. Gesundheitssymposium